Wir wünschen uns ein ewiges Leben, wissen jedoch bereits beieinem einzigen verregneten Sonntag nichts mit uns anzufangen. Einer mag ja nochgehen. Aber wenn diese verdammten Sonntage dann ewig sind; Wochen mit Corona –Wochen lauter Sonntage. So doof wie Terminkalender ohne Termine, Beizen ohneGäste, Nutten ohne Freier oder Beerdigungen ohne Trauernde.
Schon komisch, der Zeit einfach beim Vergehen zuzuschauen undeben auch zu realisieren, wie schnell dieses eine Leben vorbei sein kann. KeineBestätigung des eigenen Seins. Der eigenen Wichtigkeit. Nichts als ein ewigdauernder Sonntag, ohne Ablenkung, mit zuviel Corona-Angstmacher-News, ziemlichfarblos und jetzt auch noch geruch- und geschmacklos. Da werden sogar die sehnsüchtigenTräume zu eigentlichen Horrortrips mit blutten, an Maschinen hangenden Körpern.Unschön.
2001 veröffentlichte Sina auf «Marzipan» den Song «Sunntag ufdär Wält». Muss zugeben für mich nach wie vor einer ihrer allerbesten. Alshätte sie es damals bereits vorausgesehen. So Mike-Shina-mässig. Sie beschreibtdarin auf eine wunderschöne melancholische Art die eigene Einsamkeit,Vergänglichkeit und das Vergessen-werden an eben diesen öden endloslangenSonntagen: «Ä Tag uf där Wält wa mär nix seit, ä Tag uf där Wält wa mi nitvärsteit, schlimm dass di d'Wält värgisst, wänn dra nit seisch, dass di immärno git.» Optimismus klingt definitiv anders.
In der Not ist sich sowieso jeder selbst der Nächste. Ob diesdie Menschen waren, die damals in den Rettungsbooten der Titanic sassen unddiejenigen ins Meer zurückstiessen, die noch Platz suchten oder aberirgendwelche klopapierhamsternde Deppen, welche heute in SpitälernDesinfektionsmittel und Schutzausrüstung klauen. Sind es Jugendliche, die alleWeisungen der Solidarität ignorieren, Party feiern, einfach rücksichtslos, oderalte, unbelehrbare Risikomitmenschen, die meinen sie seinen virusresistent.Letztlich alles Egoisten.
Die Optimisten unter uns denken jetzt, man muss die Krise alsChance nutzen. Einfach jetzt mal runterfahren, Anlauf nehmen für diesuperschöne Zeit danach. Denn danach ist alles viel schöner. Besser. Rechteverschwinden endgültig dahin wo sie hingehören, Verschwörungsfanatikerersticken an ihren Geschichten und machtbesessene Herrscher und Befehler dieserWelt lösen endlich ihr akut vorhandenes Haarproblem. So wird’s wohl definitivnicht. Leider.
Aber trotzdem scheint es, als ob uns dieser Virus gedanklichzusammenrücken lässt. Wir beklatschen sehr emotional unser medizinisches Rückgrat,ordnen uns unter, ermahnen andere, machen besonnen mit und hieven bislang eher blasseBundesräte zu eigentlichen Stars der Krise. Wie auch immer.
Irgendwann sind sie vorbei die öden und unendlich langen,einsamen Sonntage. Irgendwann gibt’s auch wieder einen «Hug» für Freunde oderein «Handshake» für Geschäftspartner. Und irgendwann haben wir einen leckerenMojito mit einem gelben Schirmchen in der Hand, sitzen am Meer in Italien undsinnieren über lang vergangene und vergessene Zeiten. Gefühlte Ewigkeiten her.