Links und rechts vom Strassenrand stehen sie – meist illegal– aber egal; Plakate mit sehr hübschen plakativen Menschen, und ebensolchenhübschen, aber austauschbaren Slogans. Da will einer anpacken, einParteikollege auch. Einer steht für unsere Bergregion, einer für dasleidenschaftliche Wallis und ein anderer ganz einfach für den Menschen. Aber garantiertpolitisieren alle mit viel Herz und Seele. Die Zeitung ist voll vonWahl-Inseraten, im Briefkasten landen allerlei farbige Fyler jeglicher Couleur– ganz schön ökologisch. Hüben wie drüben finden allerlei Wahlveranstaltungen statt,meist mit denselben parteilinientreuen und unüberraschenden Quotes. Wir habendie Wahl! Die Wahl auszuwählen, zu bewerten, fast so wie beim Links- undRechts-Wisch von Tinder. Doch ist meine Stimme wirklich wahlentscheidend? Einstsagte ein Kommentator in «The Sun»: «Wenn Wahlen etwas ändern würden, dannwären sie verboten». So klingt Politikverdrossenheit. Lieber demonstrieren, imNetz anonymisiert denunzieren, hetzen, man ist ja besser als die Masse.
Es gibt Menschen, die ich garantiert nie verstehen werde.Solche, die sich aufgrund der zufälligen Herkunft, der eigenen Haar- oderAugenfarbe, der Religion, der sexuellen Orientierung oder des Alters überlegenfühlen, und dabei andere Menschen schubladisieren, bewerten, abwerten. DieseIndividualüberbewertung wurde einem einzementiert: Man ist einzigartig,speziell, ein Unikum. Sagt man. Groteskerweise wird die Individualität durchdie Massenwerbung gepushed. Denn Marktprodukte und Services werden so angepasstund eben individualisiert, dass sie den eigenen individuellenKundenanforderungen entsprechen. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass sichdie Generation Y, die zwischen 1980 und 1990 Geborenen, von massentauglichenWahlversprechen nicht angesprochen fühlen. Denn diese Generation ignoriertklassische Wahlwerbung, da sie selbst in vielen Lebenslagen einfach zuabgelenkt ist. Und sowieso: Ändern wird sich kaum was. Die Mehrheit derjenige,die wählen geht, entscheidet. Sie wählen jene, die ihnen ähneln, in Alter, auchGeschlecht, in der Sicht auf die Welt. Und auch wenn nun alle aus der GenerationY wählen gehen, überwiegt wegen der vorherrschenden Demografie, der Anteil derPensionierten. Das ist halt Demokratie. Das muss man aushalten. Und sowiesoDummköpfe gewinnen in der Politik nie, weil deren Vieh sie wählen, sondern weildie oftmals Vernünftigen es eben nicht tun.
Und doch gibt es einen Hoffnungsschimmer: Bald einmal werdendie Jungen selbst alt sein und so die Mehrheit stellen. Denn sie werden sich,genau wie jede Generation vor ihr, mit jedem verlebten Jahr ein bisschen mehrin einen Haufen veränderungsfeindlicher Spiesser verwandeln. Das Game beginntvon vorne. Es sei denn man unterbricht den Kreislauf – jetzt! Und geht wählen. Nurso kann man die eigene Zukunft mitgestalten. Nicht-Wählen ist keine Option,auch nicht aus Protest für oder gegen eine Partei. Tatsache ist, dassNicht-Wählen eine verschenkte Stimme ist, die niemandem zugute kommt und aberauch niemandem schaden kann. Die Stimme findet einfach nicht statt. ScheissGefühl. Wirklich.