Als Kolumnisthat man es wirklich nicht einfach. In regelmässigen Abständen soll man etwasGescheites in 3‘000 Zeichen zusammenbringen. Etwas was Gehalt hat. Was imbesten Fall vielleicht bewegt. Anregt oder erregt. Vielleicht ein wenig dieWelt zum Besseren dreht.
Aber so einfachist das nicht. Eine Kolumne haut man nicht einfach kurz «Frei-Schnauze» in dieTasten. Jedes Wort, jede Dramatisierung, Verniedlichung, Gewichtung istzentral. Kann einen Text in diese oder jene Richtung drehen. Doch damit nichtgenug: Matchentscheidend ist das Thema der Kolumne. Über was soll geschriebenwerden? Was weiss man, was interessiert? Was eckt an? Was wär wichtig? Wasbraucht einen Fokus? Worüber lohnt sich eine gesellschaftliche Diskussion?Ständig sind neue Ideen gefragt. Ständig was Neues. Was Aktuelles. WasInteressantes. Nicht einfach. Echt nicht.
Und dann hatman wieder mal ein solches Thema. Es brennt unter den Nägeln. Ist wichtig. Kanneine Veränderung herbeiführen. Und trotzdem: Passieren tut nicht viel. Klar,kriegt man als Kolumnist das eine oder andere Feedback, die eine oder andereBeipflichtung. Klar erschliesst sich daraus auch mal eine interessante private Diskussion.Doch der Leser ist meist nur kurz da… und bereits wieder weg. Der Titel, dasblaue Zitat oder höchstenfalls der erste Absatz. Vielleicht. Das reicht. Schonist der Leser weg. Man befindet sich eh nur auf der Durchreise durch den ganzensozialen und dichten Mediendschungel.
Ein Thema einerKolumne in eine breitere Diskussion zu hieven, gelingt leider viel zu selten.Dies ist nicht die Aufgabe des Kolumnisten, sondern der Medien. DieThemensetting aufgreifen, vertiefen, beleuchten, kritisieren und diskutieren.Doch tun sie das einfach viel zu wenig.
Ich schreibseit über zwei Jahren für den «Walliser Boten» Kolumnen. Habe in dieser Zeitüber viele Themen geschrieben. So über Furgers Denkmal, die «Lonza Arena», überVerfehlungen in Fastnachtszeitungen oder einer jungen aufstrebendenTreuhänderinnen, die auffordert nicht mehr zu «leetschinu». Über denBewertungsterror, bei welchem jeder meint er müsse alles und jeden bewerten.Über die «apacku»-Kampagne des Visper SVP-Gemeinderats, der inzwischen dieInitiative wieder eingepackte. Über Quotenfrauen in Führungspositionen, übernoch grossartigere Frauen mit seltsamen Öffnungen, über die eigeneBedeutungslosigkeit des einsamen Sonntags, über Querdenker statt Querschläger,über das verklusterte Denken oder gar über die Feinde unserer Demokratie.Vielfältig waren diese Themen. Für mache vielleicht belanglos. Mag sein.
Und trotzdemhätte ich mir – ohne mich jetzt wirklich wichtig zu nehmen – gewünscht, der«Walliser Bote» oder andere Oberwalliser Medien hätten das eine oder andereThema neu lanciert, erweitert betrachtet, anders dargestellt. Einfach malaufgegriffen, auf die Agenda gesetzt.
Zwei Kolumnen,die bislang hier unerwähnt blieben, sind mir arg wichtig. Einerseits als ichöffentlich machte, dass einmal mehr ein selbstgedrehtes Video an einerOberwalliser OS kursiert und damit die problematische Mediennutzung derJugendlichen thematisierte. Viele Eltern haben meist keine Ahnung was ihr Kindim Netz so alles macht. Und trotzdem tragen wir Eltern dafür die volle Verantwortung.Eine Diskussion mit Schulleitern, Psychologen, Jugendarbeitern oder Eltern wäreim Sinne der Aufklärung, dass solche Sachen eben auch bei uns geschehen,durchaus wertvoll. Auch die letzte Kolumne hätte man weiterverfolgen müssen. Esging darin um den «Corona-Gap» bei Schülern. Denn Studien belegen, dass 1/3aller Schüler wegen Corona quasi auf der Strecke bleiben. Erste Kantone, wieder Kanton Neuenburg gaben Gegensteuer, und sprachen zusätzliche Budgets fürausserschulische Nachhilfe. Im Wallis dagegen beobachtet man noch, hat aberzumindest zu diesem Thema eine Studie in Auftrag gegeben.
Verstehen Siemich jetzt nicht falsch: Es ist unwichtig, dass solche Themas durch einenKolumnenschreiber gesetzt werden. Aber: Es ist zentral, dass solche wichtigenThemen weiterbehandelt, durchleuchtet und vor allem vertieft dargestelltwerden. Journalismus erfüllt hier eine wichtige Aufgabe. Eine Aufgabe derAufklärung. Des Themensettings. Vielleicht wird dadurch unsere kleine Welt einwenig besser. Ein Versuch wärs wert.