Albert Einstein sagteeinst: «Wer über sich selber lachen kann, wird am ehesten ernst genommen». Vor nichtallzu langer… (so beginnen oft Märchen) ereignete sich im Tal der Täler eineeigentliche Posse. Die junge Treuhändlerin Julia Blöchlinger, am Fuss ebendieses Tals, löste mit einem einzigen Plakat einen waschechten Social MediaShitstorm aus. «Her üf Leetschinu», stand da in grossen Lettern, daneben diegrinsende Protagonistin in Modelpose. Das Plakat hing recht versteckt in einerBushaltestelle zwischen Goppenstein und Gampel. Keine 12 Stunden danach braches herab, vom Tal der Täler. Hasskommentare auf Facebook, bitterböse Telefonatevon gestandenen Leetscher-Politikern in die Gampjer Werbeagentur und unendlicheStammtisch-Diskussionen waren die Folge.
Ganz nach dem Motto:Lasst die Spiele beginnen! Das Plakat in einer Bushaltestelle im Nirgendwolandete auf Platz 1 der Lötschentaler-News; Greta, der Klimawandel, TrumpsImpeachment oder Chinas gefährliche Dominanz in der Weltwirtschaft wurdenunwichtig, müssen grad hinten anstehen. Jetzt ist Bash-Time vom Feinstenangesagt. Jetzt darf jeder alles! Und alle gegen die kleine Blöchlinger.
Seit wann sind denn Wörterwie «Leetschi oder Lötschi» Schimpfwörter? Was wurde eigentlich aus demkuschligen BLS-Lötschi-Maskottchen, das es damals beim Autoverlad gab? Landetees auf dem Friedhof der Kuscheltiere? Klar, die Aussage der jungenTreuhändlerin ist provokativ. Aber in der Werbung muss man auffallen. Besondersjunge Startups wählen heutzutage unkonventionelle Methoden. Wahrnehmung umjeden Preis. Dagegen ist das Plakat von Presenting-Sponsor Migros während demOpen Air «Fär di Gittigu z’Gampil» ein Fliegendreck.
Vielleicht kennt ihrdas auch: Man überquert die sonnige Grenze des Wallis und trifft sich mitFreunden oder Geschäftspartnern in der «Üsserschwiiz». Wörter wie: «Hüera güät»,«embrüf» und «embri» oder Witze über die «gizigu Saasini», die «riichu Mattini»oder die «vergüschtigu Gommini». Wer in solchen Situationen eine Aussage gleichpersönlich nimmt, hat es heutzutage sicher schwer in einer Welt voller Memes,Duzis und freizügiger und sexistischer Kommunikation.
Warum sich also selberin eine Opferrolle manövrieren? Das Plakat wurde innert 36 Stunden entfernt, JuliaBlöchlinger hat sich öffentlich entschuldigt, doch die Kommentare und derShitstorm gingen erst richtig los. Viele Kommentare von «Hatern» waren teils sehrunter der Gürtellinie und um einiges schlimmer, als die Botschaft dieeigentlich der Auslöser war.
Aber jetzt mal ganz ehrlich:Das Lötschental ist eines der schönsten und kulturell wertvollsten Täler. Wirlieben den Dialekt, die Masken, die wilde und zuweilen unberührte Natur. VielePersönlichkeiten, einzigartige Geschichten und herzhafte, ehrliche Menschenmachen aus dem Lötschental was ganz besonderes. Warum sich also verletztfühlen, wenn man aus dem «Leetschutal» die Bewohner als «Leetschi» bezeichnet?Zeigt Grösse! Dazu gehört eben auch, dass man über sich lachen kann und weiss,dass ein so starker Kern nichts erschüttert. Seid stolz auf die Eigenarten. Siemachen uns «unique» und liebenswert.